Leadership statt Management

Die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Situation sowie die überstandene Corona-Krise zeigen, wie wichtig die Anpassungs- und damit die Lebensfähigkeit von Organisationen ist, welcher Rückstand nicht nur bei der digitalen Transformation besteht und wie wenig Führungspersonen und die von ihnen Geführten auf die nun bestehende Situation vorbereitet sind. Diese Veränderungen zeigen auch Leistungs- und Produktivitäts­potenziale auf, die in der Organisation zu wichtigen Verbesserungen führen. Um dieses Potenzial auszunutzen ist ein grundlegender Wandel der Führung nötig.

 

Was bedeutet Führung in einer Zeit des Wandels?
Führen bedeutet grundsätzlich eine zweifache Optimierungsstrategie mit dem Ziel, ein gestelltes Problem optimal zu lösen und/oder Ziele zu erreichen und/oder Aufgaben zu erfüllen und ein personales Verhältnis zwischen allen beteiligten Personen aufzubauen. Dabei müssen sowohl das funktionale System (Geschäftsprozesse) als auch das soziale System (Rollen) optimiert werden. Diese Optimierungsstrategie bedingt das Verhalten der Führungsperson.

Dies war auch der Grund, für den Aufbau von Organisationen, was bedeutete, dass Personen in einer Gruppe örtlich zusammenarbeiten und sich so bei der Leistungserbringung ergänzen. Darauf fußt eine ganze Management-Philosophie, weil die Gruppe eine enge Arbeits- und Qualitätskontrolle ermöglicht. Außerdem werden Menschen – durch die physische Präsenz – von anderen motiviert und bestätigt und die Leistungserbringung vor Ort kann überwacht werden.

Veränderte Einflussmöglichkeiten von Führungskräften
Viele Führungspersonen sehen den Wechsel zur „Remote-Arbeit“ sehr skeptisch, weil dann die Leistungserbringung in Netzwerken, von technischen Systemen (Maschinen, Roboter, KI-Systemen etc.) und Personen erfolgt, die räumlich verteilt sein können und die Geschäftsprozesse steuern.

Diese Netzwerke werden durch Informationsflüsse so gesteuert, dass Interessen und Ziele des Unternehmens an die jeweilige Umwelt angepasst werden können. Dabei ist auch eine räumliche Trennung der einzelnen Netzknoten (Maschinen, Personen) möglich und gewollt. Das bedeutet, dass die Arbeitspersonen zur Leistungserbringung auch räumlich getrennt sein können, also „Remote Arbeit“ zum Beispiel im „Home-Office“.

Durch die mit der Digitalisierung einhergehende Komplexitätserhöhung ist es für Führungs­personen zunehmend schwer, das für eine Aufgabenstellung relevante Wissen zu besitzen, um die Geführten im Detail anleiten und kontrollieren zu können. Die Geführten müssen deshalb von Betroffenen der Führung zu Beteiligten an der Führung gemacht werden.  Dabei muss eine mögliche Stressbarriere bei den Geführten überwunden werden. Sie müssen stärker als bisher von Führungspersonen dazu befähigt werden, selbstständig zu arbeiten.

Führungspersonen müssen Macht abgeben
Führungspersonen müssen lernen, Macht abzugeben und Eigenverantwortung sowie Autonomie bei den geführten Arbeitspersonen zu fördern. Dies erfordert zunächst einmal Vertrauen in die Geführten, die so zu Co-Führenden werden. Verteilte Führung erfordert nicht nur Vertrauen, sondern schafft es auch. Je mehr Führung in virtuellen Teams zwischen den Teammitgliedern verteilt ist, desto mehr Vertrauen entwickelte sich zwischen diesen, was auf längere Sicht wiederum zu einer besseren Teamleistung führt.

Bei der vorgestellten Abgabe von Verantwortung an Geführte nimmt die Bedeutung von Inspiration, Motivation und Vorbildfunktion der Führungspersonen zu. Diese müssen nicht nur das ausgediente Command-and-Control als Führungsprinzip ersetzen. Die jüngere Generation sucht auch verstärkt einen Sinn in ihrer Arbeit – diesen Sinn gilt es als Führungsperson auch nach außen hin zu transportieren und vorzuleben.

Erhöhte Bedeutung beziehungsförderlichen Verhaltens
Durch die hohe Mobilität von Arbeitspersonen in der digitalen Arbeitswelt aber auch im Einklang mit der beschriebenen Abgabe von Macht müssen Führungspersonen stärker in Vertrauens- und Loyalitätsaufbau investieren, anstatt diese für Unternehmen überaus wichtigen Faktoren für
gegeben zu halten. Führung muss sich damit mehr denn je an den Bedürfnissen der Geführten orientieren und diese auch berücksichtigen. Dies gilt gerade für diejenigen, auf deren Innovationspotenzial und Leistung Unternehmen im Zeitalter der Veränderung besonders angewiesen sind. Dabei spielen auch Wertschätzung und Respekt eine wichtige Rolle.

Mit der Vernetzung der Geführten nimmt die Bedeutung der professionellen Kommunikation zu, damit die richtigen Informationen für die Leistungserbringung der Geführten zeitnah zur Verfügung stehen. Weil die Arbeit in verteilten Teams, die über Abteilungs-, Firmen- und Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten, zunimmt, ist es für eine erfolgreiche Führung wichtig, die Kooperation zwischen allen Beteiligten zu fördern. Nur so lassen sich Bereichsegoismen und Silodenken abbauen und Innovation maximieren.

Fehlendes Interesse der Führungspersonen an den Geführten, zu geringe individuelle Förderung, mangelndes Vertrauen und wenig konstruktives Feedback sind Hauptgründe für eine innere Kündigung. Deshalb ist eine wertschätzende Führung für den Erfolg unabdingbar.


Kontakt

Peter Barfknecht, M. A.
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