Am Information Management Institut (IMI) der Technischen Hochschule Aschaffenburg ist „New Work“ seit einigen Jahren ein wichtiges Thema des akademischen Wissenstransfers. Im derzeitigen
Wintersemester 2024/2025 findet eine öffentliche Ringvorlesung zu „New Work“ statt; deren Beiträge aus Wissenschaft und Praxis greifen die diversen Transformationen auf, wie die der
Digitalisierung, der Integration und Gestaltung von hybriden Büro-Szenarien, flexible Arbeitsmodelle, Vier-Tage-Woche, neue Formen der Zusammenarbeit und des Lernens, und dergleichen mehr. Aber,
woher kommt und was bedeutet der Begriff „New Work“, und was können regionale Akteure zur Bewältigung der aus New Work entstehenden Herausforderungen beitragen?
Was ist eigentlich neu an New Work?
Der Begriff „New Work“ als solcher wurde bereits in der zweiten Hälfte der 1970-er Jahre vom österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägt. Bergmann, der sowohl den
damaligen Kapitalismus als auch den Sozialismus kritisch betrachtete, suchte nach alternativen Arbeitsmodellen. Besonders ging es ihm um die Frage, wie Arbeit künftig menschenwürdiger und
erfüllender gestaltet werden könnte.
Bergmanns Überlegungen beziehen sich nicht auf technische Innovationen, sondern adressieren grundlegend die Art und Weise, wie Menschen über ihre Arbeit denken und welche Rolle das Arbeiten in
ihrem Leben quasi „gesamthaft“ spielen soll. Dieses „New Work“, so Bergmanns Vision, sollte nicht mehr bloß der Existenzsicherung dienen, sondern eine Möglichkeit sein, das zu tun, was man
„wirklich, wirklich will“ und in einer wandelnden Welt sinnstiftend tätig zu sein.
Der Begriff „New Work“ ist auch kein Produkt der aktuellen Digitalisierungswelle, wie man vielleicht meinen könnte, denn einen steten Wandel der Arbeitswelt gab es schon immer – das Verständnis
von Arbeit hat sich im Laufe der Geschichte gewandelt. In der Antike galt Arbeit, speziell das Arbeiten-Müssen, eher als negativ, da es vor allem die Sache von Unfreien und Sklaven war. Die
industrielle Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts machte den Menschen zu einem Teil der großen technischen Maschinerie. In der Folge wurde die Humanisierung der Arbeit zu einer der großen
gesellschaftlichen Herausforderungen. Das moderne „New Work“ soll Zwängen entgegenwirken, indem es flexiblere, selbstbestimmte Arbeitsformen ermöglicht, die sich besser in das Leben der Menschen
integrieren lassen. Und bereits im Jahr 1891 hat Papst Leo XIII in seiner Schrift „Rerum Novarum“ – „die neuen Dinge“ – für die Interessen der arbeiten-
den Bevölkerung Partei ergriffen und deren Würde und Rechte eingefordert.
New Work oder Arbeit 4.0 – ist das dasselbe?
Vielfach werden die Begriffe synonym, teilweise werden sie aber auch klar voneinander getrennt verwendet. Während mit New Work (im Sinne von Bergmann) eher Werte, Haltungen („Mindset“) und
Menschenbilder angesprochen werden, ist es bei Arbeit 4.0 mehr die Veränderung der Arbeitswelt durch Technisierung und Digitalisierung.
Aktuelle Herausforderungen
Die Arbeitswelt verändert sich mit einer hohen Geschwindigkeit. Globalisierung, Digitalisierung und KI, Knappheit von Rohstoffen, Fachkräftemangel, gesellschaftlicher Wertewandel wirken auf
Individuen und Organisationen ein. Unternehmen und deren Mitarbeitende stehen der Herausforderung gegenüber, sich rasch auf neue Bedingungen einzulassen und sich anzupassen.
New Work betrifft fast alle Bereiche der Organisations- und Personalentwicklung, zu nennen sind die Gestaltung von Arbeitsplätzen, der Arbeitszeit, der Zusammenarbeit, von Entlohnungssystemen und
auch der Weiterbildung. Weiter betroffen sind Mindset und Leadership, Hierarchien und Rollenverständnis, auch betriebliches Gesundheitsmanagement – und einiges mehr wäre zu nennen.
Die Unternehmen und ihre Belegschaften sind also aufgefordert, in vielerlei Bereichen gleichzeitig einen sogenannten Change voranzutreiben beziehungsweise mitzugehen.
Lösungsansätze und die Rolle der Sozialpartner – „Neue Konzertierte Aktion“
Eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Herausforderungen spielen dabei die Sozialpartner. Sie sichern die Interessen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmenden und sorgen für eine
Balance zwischen wirtschaftlichen Zielen und sozialen Belangen. Die Erfolge dieser Partnerschaften in der Vergangenheit sind vor den heutigen neuen Herausforderungen zu reflektieren: Die
Digitalisierung und flexible Arbeitsmodelle wie Remote Work erfordern neue Regelungen, um gerechte und humane Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Spaltung des Arbeitsmarktes: Während hochqualifizierte Fachkräfte von „New Work“ profitieren, geraten weniger gut qualifizierte Beschäftigte oft ins
Abseits, was die soziale Ungleichheit verstärkt. Hier gilt es für die Beteiligten, die Transformation der Arbeitswelt gemeinsam zu gestalten und quasi in einer Art „Neuen Konzertierten Aktion“
die Humanisierung der Arbeitsbedingungen und insbesondere die Qualifizierung der Belegschaften voranzutreiben, denn gerade im Weiterbildungsbereich ist ein klassisches Marktversagen zu
beobachten. Mitarbeitende meinen, alles zu können und zu wissen, was für die Ausübung ihrer Tätigkeiten (auch in Zukunft) wichtig ist, Arbeitgeber wollen an der Qualifikation ihrer Belegschaft
sparen.
Engagement und Aktionen am Information Management Institut
Bereits 2019 hatte sich unter Leitung des Information Management Instituts ein Arbeitskreis gegründet bestehend aus dem Verband der Internetwirtschaft (eco e.V.), der IG Metall Aschaffenburg, dem
Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB). In einer gemeinsamen Publikation wurden Rahmenbedingungen einer Humanisierung der Arbeitswelt beschrieben und
Handlungsoptionen formuliert. Im weiteren Verlauf wurden Thesen und Argumente für eine systematische Weiterbildung gesammelt und vertieft.
In der 2024 erschienenen Publikation „Chief Qualification Officers (CQOs) und Weiterbildungsmentoren“ wurden unter anderem Mustertexte für die Bestellung von CQOs und Leitfäden für CQO-orientierte Gespräche mit Beschäftigten veröffentlicht.
Die Publikation kann kostenfrei als PDF angefordert werden unter https://www.mainproject.eu/shop/
Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann
Information Management Institut | TH Aschaffenburg
info@imi.bayern
www.imi.bayern