Verpackungsqualität mit KI prüfen

Ist es möglich, Verpackungsqualität in der Produktion mit künstlicher Intelligenz (KI) zu überprüfen und zu verbessern? Nach dem Abschluss eines Digitalisierungsprojekts im Rahmen des Mittelstand-Digital Zentrums Darmstadt lässt sich diese Frage klar mit „Ja!“ beantworten.

Wurstwaren am Anfang des Verpackungsprozesses bei Wilhelm Brandenburg
Wurstwaren am Anfang des Verpackungsprozesses bei Wilhelm Brandenburg

Viel Plastikmüll durch Verpackungsfehler
Die Wilhelm Brandenburg GmbH produziert mit rund 3000 Mitarbeitenden Wurst- und Fleischwaren für den Verkauf in Supermärkten. Die frische Ware muss nach hohen hygienischen Standards verpackt werden. Im laufenden Betrieb kommt es häufig zu Produktionsfehlern. Vor allem in der Rüstphase, wenn die Anlage hochgefahren und auf eine neue Verpackungsart – je nach Wurstsorte – eingestellt wird. Eine große Menge an Plastikverpackungen landet im Müll und eine systematische Dokumentation der Fehlerarten gibt es bislang nicht.

Aus diesem Grund wendet sich der Fleisch- und Wurstbetrieb an die ExpertInnen des Mittelstand-Digital Zentrums Darmstadt. Das Ziel: Weg von der aufwendigen manuellen und hin zur datenbasierten Qualitätskontrolle.

Fehler mit Optik automatisiert erkennen
Im Rahmen eines sechsmonatigen Digitalisierungsprojektes haben die Projektpartner gemeinsam eine automatisierte und lernende Überwachung der Verpackungsanlage etabliert. Ziel war die Erfassung aller Verpackungen, aller Fehler und deren Kategorisierung, um frühzeitig Abweichungen erkennen und schließlich Plastikmüll reduzieren zu können.

Die speziellen Anforderungen in der Lebensmittelverarbeitung legen die Verwendung berührungsloser Sensoren nahe. Deshalb wurde für die Erfassung der Packungen ein optisches System in Form einer Kamera eingesetzt. Sie wurden oberhalb des Laufbands montiert und mit Sensorik und Elektronik zur Steuerung und zur Ausgabe der aufgenommenen Bilder verbunden.

Die Bilder der einzelnen Packungen wurden formatiert und dienten als Grundlage für das Training eines Convolutional Neural Network (CNN). Dabei handelt es sich um ein neuronales Netz, das für die Bilddatenauswertung bereits breite Anwendung findet. Es wurde also ein KI-Algorithmus zur Kategorisierung der optisch erfassten Plastikverpackungen geschaffen. Die automatisierte Erfassung teilte die Wurstpackungen nach der Bildanalyse in zwei Kategorien ein: I.O. (in Ordnung) und n.i.O. (nicht in Ordnung).

KI-Technologie erreicht ausgezeichnetes Ergebnis
Die trainierte KI erreichte bei der Unterscheidung in Bilder von gefüllten, ungefüllten und defekten Verpackungen eine Genauigkeit von 99,9 %. Bei der Kategorisierung von neuen Wurstsorten, die nicht in den Trainingsdaten des Modells enthalten waren, erzielte das Modell eine Genauigkeit von 99,7 %. Damit wird es möglich, das Modell zukünftig auch ohne erneutes Training auf Produktionslinien, auf denen andere Produkte verpackt werden, einzusetzen. Der Materialwert der Systemlösung betrug nur rund 1200 €.

Experte des Mittelstand-Digital Zentrums stellt das optische Messsystem zur Datengewinnung ein
Experte des Mittelstand-Digital Zentrums stellt das optische Messsystem zur Datengewinnung ein

KI-Retrofit als Chance für KMU
Nach Beendigung des Projektes lässt sich das entwickelte System in bestehende Anlagen – als sogenanntes Retrofitting – integrieren und leistet somit einen entscheidenden Beitrag zur Digitalisierung der gesamten Produktion. In Zukunft ist wegen des knappen Bauraums eine direkte Integration der Kamera im Deckenbereich der Produktionsstraße vorgesehen. Mit diesem Aufbau können Daten längerfristig aufgezeichnet und so eine noch breitere Datengrundlage geschaffen werden. Darüber hinaus gilt es, die Echtzeitfähigkeit des Systems zu testen. Bei einer echtzeitfähigen Verarbeitung kann das System nicht nur zur Dokumentation von Fehlern eingesetzt werden, sondern auch die Mitarbeitenden bei der Beurteilung der Verpackungen unterstützen. Das Digitalisierungsprojekt ist auch als Video unter https://digitalzentrum-darmstadt.de/Videos verfügbar.

Projektpartner für KI-Anwendung gesucht
Das Mittelstand-Digital Zentrum Darmstadt gehört zu Mittelstand-Digital. Mit dieser Initiative
unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen. Aktuell sucht das Darmstädter Zentrum ein Unternehmen, das digitale Prozessüberwachung, Prädiktive Instandhaltung oder Automatisierte Qualitätsprüfung in seine Prozesse integrieren möchte.


Weitere Informationen unter https://digitalzentrum -darmstadt.de/Digitalisierungsprojekte


Kontakt

Sven Varchmin (M.Sc.)
Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen (PtU)

der Technischen Universität Darmstadt

IHK Darmstadt Rhein Main Neckar
Mittelstand-Digital Zentrum Darmstadt
mdz@darmstadt.ihk.de