Die iUS Institut für Umwelttechnologien und Strahlenschutz GmbH hat sich die Industrialisierung des kerntechnischen Rückbaus auf die Fahnen geschrieben. Mit dem vom BMBF geförderten
Projekt AuDeKa wird mit der Automatisierung der Dekontamination von Metallteilen ein wichtiger Schritt realisiert.
In der Folge des Unfalls von Fukushima wurde eine schrittweise Stilllegung aller deutschen Kernkraftwerke bis 2022 festgelegt. Zurzeit befinden sich 22 Leistungs- und drei Prototypreaktoren im
sicheren Einschluss, der Vorbereitung zum Rückbau oder schon im Rückbau. Deutschland hat weltweit anerkannte Erfahrung im Rückbau.
Ein wichtiges Ziel auf dem Weg zur „grünen Wiese“ ist die Entlassung der Anlage aus dem Atomgesetz. Dazu ist es notwendig, dass alle Materialien entweder der Endlagerung zugeführt oder durch
Dekontamination in die Freigabe überführt werden. Freigegebenes Material wird dann nach Kreislaufwirtschaftsgesetz behandelt.
Der weitaus größte Teil des Materials ist nicht kontaminiert oder kann dekontaminiert werden. Abbildung 1 zeigt eine Abschätzung der Entwicklung der Metallfraktion aus dem Rückbau bis zum Jahr
2050. Bis zum Jahr 2025 wird der Massenstrom kontinuierlich zunehmen und anschließend mit dem Rückbau der letzten Kraftwerke wieder abnehmen.
Freigabe und Dekontamination
Die Freigabe von kontaminiertem Material ist in der Strahlenschutzverordnung geregelt. Die Regelungen stellen sicher, dass aus der Freigabe keine Dosis oberhalb 10 µSv/a für die Bevölkerung
resultiert (zum Vergleich: die natürliche Hintergrundstrahlung liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 2000 µSv/a).
Metallteile, die nicht direkt aus dem Reaktorkern stammen, werden derzeit in einer Strahlkabine manuell dekontaminiert. Diese Arbeit ist aufgrund der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen
(Atemschutz, Kontaminationsschutz, Schutz gegen Strahlmittel) und der auftretenden Rückstellkräfte, physisch wie psychisch sehr fordernd.
Vollautomatisierte Dekontkabine mit Industrie 4.0-Ansatz
Die iUS Institut für Umwelttechnologien und Strahlenschutz GmbH (iUS) und der Anlagenbauer RST GmbH (RST) haben die Idee einer vollautomatisierten Dekontaminationseinrichtung inklusive
Datenaufbereitung und Freimessung gemeinsam entwickelt und über ein europäisches Patent schützen lassen. Hier ist das grundlegende Prinzip der vollautomatisierten Dekontkabine aufgezeigt.
Projekt AuDeKa
iUS, RST und das Mechatronik Institut Bocholt der Westfälischen Hochschule (MIB) haben dies in ein vom BMBF gefördertes Forschungsprojekt (AuDeKa) eingebracht. In diesem Projekt werden die
technologisch anspruchsvollen Schritte bearbeitet und daraus ein Laborrobotiksystem entwickelt. Das Projekt wird für mögliche Anwender die generelle Machbarkeit aufzeigen, wesentliche Risiken
werden minimiert und die spätere Umsetzung in einen Prototyp ermöglicht.
Für die Geometrieerkennung des Werkstücks wird ein Kamera-Lasersystem verwendet. Die Umsetzung der erzeugten Punktwolke in ein nachführfähiges Modell für den vorgesehenen 6-Achs-Roboter stellt
einen erheblichen Entwicklungsaufwand dar. So müssen zu dekontaminierende Oberflächen aber auch Eigenschaften wie Hinterschneidungen in Bohrungen oder konkaven Geometrien, die für die Reinigung
nicht zugänglich sind, erkannt werden. Dazu müssen Algorithmen entwickelt werden, die kollisionsfreie Reinigungsbahnen berechnen.
Für die Geometrieerkennung des Werkstücks wird ein Kamera-Lasersystem verwendet. Die Umsetzung der erzeugten Punktwolke in ein nachführfähiges Modell für den vorgesehenen 6-Achs-Roboter stellt einen erheblichen Entwicklungsaufwand dar. So müssen zu dekontaminierende Oberflächen aber auch Eigenschaften wie Hinterschneidungen in Bohrungen oder konkaven Geometrien, die für die Reinigung nicht zugänglich sind, erkannt werden. Dazu müssen Algorithmen entwickelt werden, die kollisionsfreie Reinigungsbahnen berechnen.
Als Dekontaminationstechnologie kommt Hochdruckwasserstrahlreinigung für dieses Projekt zum Einsatz. Das Patent umfasst aber den Einsatz beliebiger
Dekontaminationstechnologien.
Die Umsetzung erfordert neben den Strahlenschutzaufgaben (insbesondere Berücksichtigung der Anreicherung in der Wasseraufbereitung) die Entwicklung eines
Schutzkonzeptes, das der autonomen Erstellung einer Roboterbahn und der Implementierung von besonderen Sicherheitsfunktionen Rechnung trägt.
Industrie 4.0
Ein wichtiger Bestandteil des Projektes ist die konsequente Umsetzung einer Industrie 4.0-Strategie. Diese führt die Daten aus der Bearbeitung, der Geometrieerkennung und der
Werkstückeingabedaten in eine werkstückscharfe Dokumentation zusammen. Die Dokumentation ist völlig getrennt von der Maschinensteuerung, auch dies eine kerntechnische Besonderheit.
Dazu wird eine semantische Meta-Ebene verwendet, in die maschinenlesbare und manuell hinzugefügte Daten integriert werden. Der Ansatz über eine semantische Metaebene abstrahiert die maschinennahe
Ebene in eine herstellerunabhängige Ebene, auf der die eigentliche Dokumentation zusammengestellt wird. Über diesen Ansatz können spätere Nachrüstungen ohne Änderungen an der Dokumentationsebene
erfolgen, ebenso kann die Dokumentation, z. B. nach Sachverständigenanforderung angepasst werden, ohne dass dies eine Änderung der hardwarenahen Komponenten erfordert.
Fazit
Zusammen mit dem Industriepartner RST und dem Mechatronik Institut Bocholt der Westfälischen Hochschule entwickelt iUS seit Anfang 2018 eine vollautomatische Dekontkabine, die den
Freigabeprozess im Rückbau von Kernkraftwerken effizienter und sicherer macht.
Das Verfahren lässt sich grundsätzlich auch in anderen Bereichen, in denen Gefahrstoffe von Oberflächen entfernt werden müssen, einsetzen und mit weiteren Technologien kombinieren. Der Industrie
4.0-Ansatz stellt insbesondere für Nachrüstungen eine interessante Alternative dar.
Franz Borrmann
iUS Institut für Umwelttechnologien und
Strahlenschutz GmbH
Obernauerstr. 94
63743 Aschaffenburg
06021 7934-110
borrmann@ius-online.eu
www.ius-online.eu
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