Das Fraunhofer IWKS wurde als Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie in Hanau und Alzenau in den Jahren 2011/2012 gegründet. Im Wesentlichen beschäftigt sich die
Projektgruppe mit Themen wie Erneuerbare Energien, Elektromobilität und Schließen von Wertstoffkreisläufen über Recyclingrouten insbesondere der High-Tech-Metalle wie sie in Elektronikbauteilen,
Batteriematerialien und Permanentmagneten vorkommen. Somit hat sich das Fraunhofer IWKS innerhalb der letzten 7 Jahre als eine Einrichtung in der Materialforschung im Bereich der
Funktionswerkstoffe und der Verfahrensentwicklung für Sekundärwertstoffe in der Region Rhein-Main etabliert und dient der umliegenden Industrie als kompetenter Ansprechpartner für F&E sowie
Analytik-Dienstleistungen.
Wohin geht die Reise in der Materialanalyse?
Die Entwicklung von neuen Materialien und Applikationen schreitet immer schneller voran. Durch stetig verbesserte bzw. neue Herstellungsmethoden können Rohstoffe effizienter eingesetzt werden.
Dabei werden die Einsatzmengen immer geringer, so dass stets neue Herausforderungen an die Analysemethoden und deren Nachweisgrenzen gestellt werden. Darüber hinaus spielen gezielt
nanostrukturierte Werkstoffe eine wesentliche Rolle in vielen Anwendungsgebieten, so dass neben einer hohen Nachweisempfindlichkeit eine örtliche Auflösung bis in den atomaren Bereich
erforderlich ist.
Moderne Probenpräparation
Der Satz „Jede Analysemethode ist nur so gut wie deren Probenpräparation“ triff insbesondere auf die Nanoanalytik zu. Klassische metallografische Schleif- und Poliermethoden werden immer mehr von
neuen Methoden wie zum Beispiel durch die Politur mittels Ionenstrahl verdrängt. Hierbei wird typischerweise mit einem Argon- oder Gallium-Ionenstrahl die Probenoberfläche planparallel abgetragen
und somit poliert, um die Mikrostruktur des Werkstoffes sichtbar zu machen. Sind mittels klassischer Methoden oft Grenzen bei heterogenen Materialsystemen bezüglich weicher und harter
Phasenanteilen und die dadurch entstehenden Verschmierungen gegeben, so werden bei der Ionenpolitur äußerst glatte Oberflächen mit scharfen Abgrenzungen der verschiedenen Phasen zueinander
erreicht. Des Weiteren kann in einem hochaufgelösten Elektronenstrahlmikroskop mittels eines Gallium-Ionenstrahl eine Zielpräparation punktuell bis hinab in den Nanometerbereich erfolgen, um
Defekte, unterschiedliche Zusammensetzung von z. B. Schichten oder lokale chemische Ausscheidun-gen oder Verunreinigen freizulegen und zu untersuchen. Im Fall von typischen mehrschichtigen
Halbleiterbauelementen mit Schichtdicken im Nanometer-Bereich (z. B. Computer-Chips, Sensoren, LEDs und Solarzellen) können in einem sogenannten Cross-Section-Schnitt die einzelnen Schichten im
Querschnittsprofil freigelegt und mittels Rasterelektronenmikroskop untersucht werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Elektronenstrahlmikroskopische Untersuchungen an einer Dünnschicht-Solarzelle. An dem mittels Ionenstrahl erzeugten Querschnittsprofil wurden durch Energiedispersive Röntgenspektroskopie das Glassubstrat, der transparente Rückseitenkontakt (TCO) und die beiden Halbleiterschichten identifiziert.
Des Weiteren kann mit Hilfe des Ionenstrahls gezielt ein mikroskopischer Probenbereich aus dem Material geschnitten werden, der dann für die Transmissionselektronenmikroskopie bis deutlich unter 100 nm Dicke gedünnt werden kann oder für die Präparation von Atomsondenspitzen dient. In Abbildung 2 ist eine an einem Mikromanipulator angeschweißte typische Lamelle dargestellt.
Abbildung 2: Ein mit Hilfe des Ionenstrahls im Rasterelektronenmikroskop erzeugter Materialstreifen aus einer LED, angeschweißt an einem
Mikromanipulator. Derartige Lamellen dienen als Ausgangspunkt sowohl für die Transmissionselektronenmikroskopie als auch für die 3D-Atomsondenmikroskopie.
High-end Nanoanalytik mittels 3-dimensionaler Atomsondenmikroskopie (3DAP) Anhand von zwei Beispielen wird das Tätigkeitsfeld mittels 3DAP näher beleuchtet. Im Bereich der Elektromobilität und erneuerbaren Energien werden Hochleistungspermanentmagnete basierend auf Nd-Fe-B- oder Sm-Co-Seltenerdlegierungen in Motoren und Generatoren eingesetzt. Hierbei haben nano-skalige Phasenanteile im Material einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Permanentmagnete. Um diese sehr kleinen Strukturen mit teils äußerst geringer Konzentrationen bestimmter für die Funktionalität wichtiger Elemente untersuchen zu können, erweist sich die 3D-Atomsondenmikroskopie als Schlüsselmethode. Es werden zunächst unter Verwendung des fokussierten Ionenstrahls sehr spitze Nadeln erzeugt, die dann durch ortsaufgelöste Flugzeitmassenspektrometrie untersucht werden.
Abbildung 3: Atomsondenmikroskopie: links auf Si-Träger geschweißtes Probenmaterial (oben) und fertiggestellte Nadel (unten); mitte 3D-Atomsondenkarte von Sm-Co; rechts chemische Zusammensetzung senkrecht zu den nanoskaligen Zr-reichen Ausscheidungen.
Abbildung 3 (links) zeigt am Beispiel eines Sm-Co-Magneten typische Nadeln, wie sie im Rahmen dieser Methode Verwendung finden. Das Resultat derartiger Messungen sind 3D-Atomkarten, wie sie ebenfalls in Abbildung 3 (Mitte) gezeigt sind. Aus den Datensätzen können dann wiederrum Konzentrationsprofile (Abbildung 3, rechts) erzeugt werden oder anderweitige statistische Methoden wie die Verteilung nächster Nachbarn untersucht werden. Ein weiteres, weitgehend analoges Anwendungsbeispiel ist in Abbildung 4 zu sehen, wo die Untersuchungen an einem gesinterten Nd-Fe-B-Magneten gezeigt sind.
Abbildung 4: Atomsondenmikroskopie: links 3D-Atomsondenkarte von Nd-Fe-B, rechts chemische Zusammensetzung senkrecht zur seltenerdreichen (oben) und Co-reichen (unten) Zwischenkornphase.
Neben Funktionswerkstoffen spielen nanoskalige Strukturen auch in vielen Alltagswerkstoffen eine entscheidende Rolle. So wird beispielsweise das im reinen Zustand sehr weiche Aluminium erst durch die gezielte Legierung mit anderen Elementen zu einem für den Alltagsgebrauch tauglichen Material. Dabei reichen schon kleine Mengen der Legierungskomponenten aus, um einen dramatischen Zugewinn an Festigkeit zu erreichen. Obwohl dieser Effekt seit Jahrhunderten in der Materialerzeugung und -bearbeitung genutzt wird, ist der zugrundeliegende Mechanismus oft nicht im Detail verstanden.
Abbildung 5: 3D-Atomsondenkarte einer Aluminiumlegierung mit nanoskaligen Zinnclustern. An den Zinnclustern bilden sich erste Cu-reiche Segregationen.
Abbildung 5 zeigt die Ergebnisse der Untersuchungen von gerade einsetzender Ausscheidungshärtung an einer solchen Aluminiumlegierung. Neben dem für die Härte der resultierenden Legierung verantwortlichen Kupfer wurde dem Aluminium ein sehr geringer Anteil an Zinn zugesetzt, um den Prozess zu optimieren. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich Zinncluster mit wenigen Nanometern Durchmesser ausbilden (rechts unten), von denen einer zusammen mit den Al und Cu Atomen in stärkerer Vergrößerung gezeigt ist (links oben). Deutlich zu erkennen ist der in diesem frühen Zustand seinerseits noch sehr kleine Bereich der Cu-reichen Phase, der direkt an der Zinnausscheidung angelagert ist.
Konrad Güth
Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS
Rodenbacher Chaussee 4
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konrad.gueth@isc.fraunhofer.de
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