Z! DAS ZUKUNFTSMAGAZIN IM INTERVIEW MIT Susanne Trunk

Susanne Trunk ist seit 2005 bei der SQG Strukturwandel und Qualifizierung gGmbH in Aschaffenburg tätig. Im Rahmen des Pakts für berufliche Weiterbildung ist sie seit 2019
Weiterbildungsinitiatorin der Region Aschaffenburg / Miltenberg, einem vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales geförderten Projektes. Damit ist sie erste Anlaufstelle für sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte im Kontext betrieblicher Weiterbildung.


 

Sie sind die Weiterbildungsinitiatorin für die Region Bayerischer Untermain – Was bedeutet das?

Weiterbildung ist nicht nur in den Unternehmen ein Megathema, sondern auch bei den (wirtschafts-) politi-
schen Kräften. Die Bayerische Staatsregierung und ihre Paktpartner ziehen dabei an einem Strang im engen Schulterschluss mit wichtigen Arbeitsmarktakteuren. Im Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0 sind dazu die Kammern, Gewerkschaften, Arbeitsagenturen und viele mehr seit 2018 zusammengeschlossen. In diesem Rahmen wurden unter anderem in den Regionen sogenannte WeiterbildungsinitiatorInnen  ernannt, die sich vor Ort für die Weiterbildungsbelange der Beschäftigten und der Unternehmen einsetzen.

 

Welche Aufgaben sind in dieser Funktion enthalten?

Als Weiterbildungsinitiatorin bin ich Ansprechpartnerin sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten selbst. Es geht um eine individuelle Erstberatung hinsichtlich passender Weiterbildungen, der anbieterneutralen Recherche von Angeboten und möglicher Fördergelder. Ich fungiere quasi als Lotsin durch den Dschungel im Weiterbildungsmarkt.


Manche Unternehmen kommen beispielsweise, weil sie wissen wollen, wo sie im Vergleich zu anderen Unternehmen stehen, oder weil sie eine Einschätzung für ihre Weiterbildungsaktivitäten haben möchten. Andere suchen konkrete Maßnahmen und wünschen eine Recherche von konkreten Angeboten.

 

Was halten Sie von Initiativen wie dem WVU Weiterbildungsverbund Untermain?

Das ist ein wichtiges Instrument. Der Weiterbildung sverbund ist ein echter Türöffner zu den Unternehmen.Wir haben damit ein einheitliches Bild und eine höhere Sichtbarkeit. Tatsächlich merke ich, dass die Zahl der Beratungen seither in die Höhe schnellt. Wir von der SQG sind selbst zu wenig bekannt in der Breite der Unternehmen. Man kennt uns vorwiegend aus dem Bereich der Transfermaßnahmen und des Transferkurzarbeitergelds. Wenn Unternehmen Beschäftigte freistellen müssen und diese für eine Eingliederung in andere Betriebe qualifiziert werden sollen, kommt die SQG traditionell ins Spiel. Dass wir für alle Unternehmen und Beschäftigte Ansprechpartner in Sachen Weiterbildung sind, ist noch nicht in allen Köpfen angekommen.

 

Wie funktioniert ein Weiterbildungsverbund?

Grundsätzlich sollen sich in einem Verbund mehrere Unternehmen, Einrichtungen und Dienstleister mit ähnlichen Weiterbildungszielen zusammenschließen. Im Fokus steht dabei die gut abgestimmte Gestaltung von Lerneinheiten und -inhalten während der gesamten Weiterbildungszeit. Wenn Unternehmen ein solches Programm, das auf ihre Herausforderungen maßgeschneidert ist, gemeinschaftlich nutzen, können zum einen Kosten durch die Skalierung eingespart werden und die Teilnehmenden durch das Peer-to-Peer-Learning auch voneinander profitieren.

 

Was kann dieser Weiterbildungsverbund leisten? Gibt es schon erste Best Practice Beispiele?
Unser Weiterbildungsverbund ist noch recht jung, insofern gibt es noch keine Musterbeispiele aus unserer Initiative. Man kann jedoch sagen, dass es bei einigen Firmen in unserer Region einen Mangel an bestimmten Handwerksberufen gibt. Derzeit sind wir dabei, hierfür einen Verbund zu organisieren, der im Herbst starten soll, und für den wir aktuell noch weitere Interessenten zu akquirieren versuchen.

 

Welche Rolle haben Sie im WVU?
Ähnlich wie als Weiterbildungsinitiatorin bin ich erste Anlaufstelle für die Unternehmen und Beschäftigten. Ich vermittle dann an die jeweiligen Verbundpartner. Unter anderem gibt es eine Hotline und Sprechstunden für Unternehmen und Beschäftigte.Generell ist meine Aufgabe, Weiterbildungsbedarfe zu identifizieren, auf der Nachfrageseite zu bündeln und das Know-how der Region zu nutzen. Und natürlich die Weiterleitung an die jeweiligen Partner, die ein entsprechendes Angebot vorhalten.

 

Was halten Sie von der Forderung nach einem Chief Qualification Officer, sprich: Weiterbildungsbeauftragten? Für welche Unternehmen ist das sinnvoll?
Sicherlich gibt es Bedarf, das Thema Weiterbildung strukturiert im Unternehmen anzugehen. Und da wäre es natürlich gut, wenn sich jemand kümmert. Kleine und mittlere Unternehmen sind jedoch vermutlich mit der Aufgabe überfordert. Wer soll das „on-top“ leisten? In großen Unternehmen ist das im Grunde Aufgabe der Abteilung Personalentwicklung. Je nach Einstellung im Unternehmen läuft es jedoch meist nur auf das Nötigste hinaus. Ob man das über einen durch Gesetzgebung vorgeschriebenen Weiterbildungsbeauftragten lösen könnte, sei dahingestellt. Insofern ist die Forderung zwar nachvollziehbar, aus meiner Sicht jedoch etwas hochgegriffen.

 

Wo sehen die Unternehmen selbst Weiterbildungsbedarf?
Alle sprechen davon, doch eine einheitliche Linie ist nicht erkennbar. Für viele Unternehmen spielt Weiterbildung im konkreten Alltag eine untergeordnete Rolle. Stattdessen fokussiert man auf die Tatsache, keine Auszubildenden und MitarbeiterInnen zu finden. Und gerade die KMUs sagen, dass ihnen die Leute weglaufen und sie keine neuen einstellen können. Vielfach werden die Kosten für Weiterbildung als Hemmnis angeführt. Dabei vergessen die Unternehmen, dass die Kosten für neue Mitarbeitende ungleich höher sind als das bestehende Personal mithilfe von Weiterbildungen für neue Aufgaben zu befähigen und sie gleichzeitig auch einen Anreiz zum Bleiben schaffen können. Weiterbildung ist nämlich durchaus auch ein Faktor für die Arbeitgeberattraktivität.

 

Welche Rolle spielt die Demographie hinsichtlich der Weiterbildungsbemühungen der Unternehmen?
Für viele Unternehmen stellt sich die Frage: Was ist der bessere Weg? Die vorhandene Belegschaft weiterzubilden, dass diese die in Ruhestand gehenden KollegInnen ersetzen können, oder der „Zukauf“ von Fachkräften. Auch stellt sich im Weiterbildungskontext die Frage, wie das Wissen der „alten Hasen“ gesichert und bewahrt werden kann, damit die jungen darauf zugreifen können. Hierzu entwickelt sich aktuell im Rahmen des Weiterbildungsverbunds ein interessantes Projekt im Bereich Wissensmanagement.

 

Strukturwandel erfordert Weiterbildung – nicht zuletzt, da dadurch Berufsbilder verschwinden und neue entstehen. Welche Trends erkennen Sie in diesem Bereich?
Unternehmen, die mit dem radikalen Strukturwandel konfrontiert sind, haben oft andere Sorgen als die Weiterbildung ihrer Leute. Landen diese in den Transfermaßnahmen ist dies natürlich ein großes Thema.


Welche Rolle spielt der Wandel im Sinne von New Work/moderne Arbeitswelt im Kontext Weiterbildung?
Hier schätze ich es so ein, dass die Firmen selbständig im Weiterbildungsmarkt unterwegs sind. In meinen
Beratungen spielen die Veränderungen der Arbeitswelt im Sinne von New Work keine so große Rolle. Vielleicht kommt das aber noch in den nächsten Jahren.

 

Auch Weiterbildungsformate sind im Wandel – wie sehen Sie Empfehlungen der modernen Lernpsychologie wie die 70-20-10-Regel? Sind klassische Weiterbildungsformate überhaupt noch vonnöten?
Die Individualisierung der Weiterbildung ist aufjeden Fall ein Thema. Was brauchen die Teilnehmenden an Inhalten? Auf welche Art des Lernens sprechen sie an? Wie viel Zeit können sie erübrigen? Dazu wäre tatsächlich eine Art Profiling im Sinne von Learning Personas von Vorteil, damit die Formate darauf angepasst werden können. Meist steige ich als Beraterin aber bereits nach der Recherche und der Vermittlung an die Partner aus dem Prozess aus. In der weiteren Begleitung der Weiterbildungsteilnehmenden ist ein solches Vorgehen aber sicher ein wichtiger Aspekt.


Wie geht man mit Menschen um, die ihren Weiterbildungsbedarf nicht wahrhaben wollen? Eventuell ihre Beschäftigung bis zur Rente aussitzen wollen? Wie kann man diese Menschen motivieren?
Tatsächlich gibt es solche Menschen. Wenn es das Unternehmen zulässt, versuche ich dann in einem offenen Gespräch mit dem Mitarbeitenden herauszufinden, welche Vorbehalte es gegen eine Weiterbildung gibt. Viele denken bei Weiterbildung an ihre Schulzeit zurück und damit verbundene negative Erfahrungen.Hier gilt es Vertrauen aufzubauen und gegebenenfalls mit der Vorstellung innovativer Weiterbildungsformate die Leute ins Boot zu holen.

 

Wie halten Sie es selbst mit Ihrer eigenen Weiterbildung? Wie viel Zeit investieren Sie in sich selbst?
Mir hilft der offene, informelle Austausch mit den anderen WeiterbildungsinitiatorInnen in Bayern enorm weiter. Wenn eine/r von uns eine Frage hat, helfen die anderen gerne weiter. Damit bleiben wir am Ball und lernen voneinander. Generell gilt: Learning by doing! Für viele meiner Tätigkeiten gibt es keine offizielle Anleitung oder Seminare und ich eigne mir das Wissen eigenhändig an.


Herzlichen Dank, Frau Trunk, für die offenen Worte und weiterhin viel Erfolg als Weiterbildungsinitiatorin.

 

Das Interview führte Katja Leimeister, approdos consulting.

 


Über die SQG

 

Die SQG berät und unterstützt Unternehmen, deren Interessenvertretungen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Gestaltung und Durchführung betrieblicher Veränderungsprozesse und erarbeitet individuelle Konzepte. Dabei orientiert sich die SQG unter Berücksichtigung der Ziele sowie der vorhandenen Strukturen an den spezifischen betrieblichen Erfordernissen.


Durch die rund 20-jährige Erfahrung ist die SQG der kompetente Partner für jedes innovative Unternehmen in den Bereichen Personalentwicklung in Verbindung mit beruflicher Weiterbildung und Qualifizierung, Durchführung von Transfermaßnahmen und Transferkurzarbeit nach §§ 110, 111 Sozialgesetzbuch lll (SGB lll), Konzeption und Umsetzung von Seminarmaßnahmen, Förderung und Durchführung innovativer Projekte, Umsetzung von ESF-geförderten Projekten.


Kontakt

Susanne Trunk | Weiterbildungsinitiatorin
SQG Strukturwandel und Qualifizierung gGmbH
susanne.trunk@sqg-aschaffenburg.de
www.sqg-transfer.de