Kunststoffe stellen derzeit wohl die mit am häufigsten genutzte Werkstoffgruppe dar, sodass unsere aktuelle Ära häufig auch als „Kunststoffzeit“ bezeichnet wird. Laut dem Verband Plastics Europe wurden im Jahr 2014 in Europa von den rund 47,8 Mio. t fast 40% der Kunststoffe für Verpackungen verwendet [1].
Da Verpackungen normalerweise nicht das eigentliche Verkaufsprodukt darstellen, wundert es nicht, dass somit jedes Jahr auch sehr große Mengen an Kunststoffabfällen entstehen. Damit stellt sich
für alle Beteiligten die Frage, was nach der Nutzungsphase mit den meist sehr langlebigen Kunststoffen geschehen soll. Glücklicherweise nimmt Deutschland eine Vorreiterrolle in Sachen Recycling
ein: So
wurden 2015 etwa 5,92 Mio. t an Abfall gesammelt, der zu ca. 46 % stofflich wiederverwertet wurde [2].
Die gesetzlich vorgeschriebene Recycling-Quote der dualen Systeme für Kunststoffverpackungen soll
jedoch gemäß der Novellierung des Verpackungsgesetzes in den nächsten fünf Jahren von bisher 36 %
auf 63 % steigen [3]. Dies stellt die Recyclingindustrie vor neue Herausforderungen, da nun auch bisher
schwer zu trennende Abfallmischungen stofflich verwertet werden sollen. Die gängige Praxis, das
(minderwertige) Kunststoffgemisch in hochwertigen sortenreinen Kunststoffen zu verschneiden oder
einfach thermisch zu verwerten, wird hier künftig an ihre Grenzen kommen. Für die Zukunft ist daher ein
erhöhter Bedarf an neuen und effektiven Trennmethoden oder die Weiterentwicklung bisheriger
Verwertungsverfahren absehbar.
Derzeitige Varianten für die Verwertung von Kunststoffabfällen. Hier sind insbesondere zu nennen:
• Die rohstoffliche Verwertung, bei der die Polymere wieder in Monomere zerlegt werden, aus denen dann wieder Kunststoffe in Neuware-Qualität hergestellt werden. Diese Methode spielt in der
Praxis aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten eine eher untergeordnete Rolle.
• Die werkstoffliche Verwertung, bei der die anfallenden Kunststoffgemische getrennt und aus den sortenreinen Kunststoffen dann wieder Regranulate hergestellt werden. Diese Route beschreiten die
meisten Recyclingunternehmen.
• Die thermische Verwertung, d. h. die energetische Nutzung der Kunststoffe durch Verbrennung. Da der Aufwand für die Trennung insbesondere der Post-Consumer-Abfälle in sortenreine Kunststoffe
oft sehr hoch ist, wird diese Route derzeit noch für die Mehrheit der Kunststoffabfälle beschritten.
• Eine noch relativ neue Methode der stofflichen Verwertung stellt das Recycling durch Lösen dar, bei dem Kunststoffe mit einem Lösungsmittel aus dem Abfallgemisch selektiv herausgelöst, bei
Bedarf weiter aufgereinigt und anschließend wieder ausgefällt werden. Die vergleichsweise hohen Kosten verhindern derzeit noch eine größere Marktdurchdringung, obwohl auf diese Weise
Kunststoffqualitäten nahe der Neuware erhalten werden können.
Neue Wege für das Recycling von Kunststoffen
Ein bisher in der industriellen Recyclingpraxis noch kaum genutzter Ansatz überträgt die vorhandenen
Kenntnisse aus der Herstellung von Neuware-Compounds auf die Herstellung hochwertiger Rezyklate
aus Kunststoffgemischen, ohne diese vorher aufwändig zu trennen. So konnte in Untersuchungen
am SKZ gezeigt werden, dass sich z. B. die Bruchdehnungen von Mahlgutmischungen aus Polyethylen
und Polypropylen durch geeignete Additivierung problemlos auf das Zehnfache anheben lassen. Auch die immer wieder auftretende Geruchsproblematik bei Post-Consumer-Rezyklaten wurde am SKZ bereits
untersucht: Durch Optimierung der Prozessführung und den Einsatz spezieller Additive konnten hier ebenfalls deutliche Verbesserungen erreicht werden.
Ein bislang noch wenig erforschter Ansatz ist die chemische Modifikation durch reaktive Compoundierung.
Dies scheint eine interessante und zukunftsträchtige Variante zu sein, mit der Rezyklate für den jeweiligen Anwendungsfall maßgeschneidert werden können. Beispielsweise lassen sich auf diese
Weise neue Blends herstellen oder auch Störstoffe aus der Mischung neutralisieren. Dies erfordert jedoch spezielles Know-how im Umgang mit den erforderlichen Additiven, das bei den meisten
Recyclern derzeit noch nicht vorhanden ist. Natürlich müssen auch hier die resultierenden Zusatzkosten vorher genau geprüft und den erzielbaren Eigenschaften gegenüber gestellt werden. Das SKZ
bietet hier mit seinen umfangreichen Möglichkeiten im hauseigenen Versuchstechnikum die Möglichkeit, die Kunden bei ihren besonderen Fragestellungen tatkräftig zu unterstützen.
Dr.-Ing. Marieluise Lang
Bereichsleiterin Materialentwicklung,
Compoundieren & Extrudieren
SKZ – KFE gGmbH
0931 4104 391
m.lang@skz.de
www.skz.de
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